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Über den Schmerz, dass wir keine Vater-Mutter-Kind-Familie sind - Gastbeitrag von Mandy

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Es ist Freitagabend. Mein Sohn schläft heute bei seinem Vater und ich sitze in meinem kuscheligen Sessel unter einer ebenso kuscheligen Decke - und ja, ich gebe es offen zu: Mir fehlt jemand zum Kuscheln. Oder, wie ich neulich in einem Songtext schrieb: "Irgendjemand, der mir das Gefühl gibt, nicht irgendjemand zu sein."

Ein Partner, der für mich da ist, mich fragt, wie mein Tag war und der mit mir zusammen Quatsch im Fernsehen schaut. Ein Partner, der mir etwas abnimmt, wenn ich krank bin oder eine Auszeit brauche. Ein Partner, der mit meinem Sohn spielt, damit ich in Ruhe den Haushalt machen kann. Ein Partner, der die finanzielle Last mit mir zusammen trägt, der mit plant und mitdenkt. Der mich in den Arm nimmt und sagt, dass ich das alles gut mache und überhaupt, dass alles gut werden wird. 

Ich könnte jetzt abschalten, den Rest des Abends genießen, aber diese Angst kriecht in mir hoch. Und sie flüstert mir in's Ohr: "Du wirst nie erfahren, wie es ist, dieses klassische Familienleben. Wie es sich anfühlt, dieses "Mutter-Vater-Kind(er)". Zusammenhalt, gemeinsame Unternehmungen, Besuche bei den Großeltern. Das, was deine Freunde haben. Du wirst es nie erfahren."

Und ja, das ist die Realität, die ich endlich mal anerkennen und annehmen muss. 

Im Grunde kann ich das auch. Unter der Woche, wenn sowieso alle total beschäftigt sind und es nicht auffällt, wer allein ist und wer nicht. Wenn ich von 7 bis 22 Uhr zu tun habe und ich gar keine Zeit habe, unsere Situation zu reflektieren. Aber sonntags fällt es auf. Dann bin ich oft mit meinem Sohn unterwegs. Er hat das Asperger-Syndrom und möchte am liebsten den ganzen Tag mit der S-Bahn umherfahren. Also tun wir das so oft wie möglich. Wir setzen uns in die S-Bahn und machen einen Ausflug- Schwimmbad, Indoor-Spielpark, Zoo, Flughafen, Freunde besuchen zum Beispiel. 

Und dann geht es los. Ich spüre, dass sich etwas in mir zusammenzieht und mir ein Stück weit den Atem nimmt. Es ist ein Schmerz oder ein Druck, so als würde jemand auf meinem Brustkorb sitzen.

Ich versuche auszublenden, dass die meisten nicht allein sondern als Mutter-Vater-Kind Kombi unterwegs sind. Ich versuche, es wegzuschieben und mich auf meinen Sohn zu konzentrieren. Es klappt eine Weile, bis ich wieder anfange, zu zählen. Ich zähle diejenigen, von denen ich meine, dass sie Alleinerziehende sind. Ihr Anteil scheint so gering zu sein, dass mich das nur weiter runterzieht. Also höre ich auf damit. Lächle. Bin stark. Funktioniere. Kämpfe. Für meinen Sohn. Ich erinnere mich an das, was wir haben und an das, was wir schon geschafft haben. 

Ich habe so unfassbar viel gelernt in den letzten 3 Jahren. Mein Sohn war 11 Monate alt, als sein Vater und ich uns trennten. Nun ist er 4 und ein ganz wunderbarer kleiner Junge. Er wird geliebt und er ist fröhlich und willensstark. Und wenn er morgen Abend wieder neben mir liegt und selig schlummert, dann weiß ich: Eigentlich ist alles ganz ok so unserer klitzekleinen Familie.

----ZUM WEITERLESEN:

So geht es Alleinerziehenden wirklich

Interview mit einer Alleinerziehenden, die wirklich ganz alleine erzieht

Wie eine Alleinerziehende eine neue Liebe fand

 

 

Tags: Familie, Kinder, Trennung, Alleinerziehend, Leben. Erziehung0Gastbeiträge

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