Liebe Nadine, gerade ist das Thema "unbezahlbare Mieten" wieder in den Nachrichten. Und genau darüber wollen wir heute sprechen. Beschreib mal Eure aktuelle Wohnsituation.
Wir (mein Mann, ich, unser Sohn ,7, und unsere Tochter, 3) leben in einer 83 Quadratmeter Wohnung. Wir haben zwei Schlafzimmer, das Wohnzimmer ist mit einer offenen Küche verbunden. Dann ist da noch ein kleines Bad mit Badewanne und zum Glück eine überdachte Terrasse, die uns im Sommer mehr Raum verschafft. Wir leben in Zürich in einer tollen Nachbarschaft. Die Siedlung entstand vor sechs Jahren, es handelt sich um eine Baugenossenschaft. Wir leben hier mit vielen Kindern, Familien, aber auch Senioren – das ist ein guter Mix. Die Kinder treffen sich im Hof zum Fussball spielen, können sich gegenseitig leicht besuchen und das quasi mitten in der Stadt. Wir lieben unsere Wohnung - aber wir vermissen einfach mindestens ein Zimmer.
Zwei Schlafzimmer heißt: Eure Kinder teilen sich ein Zimmer. Wie finden die das?
Genau, im Moment teilen die beiden sich ein Zimmer. Bis jetzt ist es noch kein großes Problem, aber auch jetzt ist mein Sohn schon manchmal genervt, wenn er Besuch hat uns seine kleine Schwester immer dabei ist. Das Zimmer ist nicht so groß und ich frage mich manchmal, wie lange das gut geht. Brauchen Kinder ab einem gewissen Alter ein eigenes Zimmer oder ist das nur ein gesellschaftlicher Zwang?
Hattet Ihr auch schon mal überlegt, im Wohnzimmer zu schlafen, damit die Kinder ein eigenes Zimmer haben?
Wir überlegen immer wieder, ob wir das Wohnzimmer abteilen, also einen Teil zum Schlafzimmer machen und den anderen Teil weiter als Wohnzimmer. Ich glaube, das wird auch irgendwann so kommen, wobei ich es nicht ideal finde. Ich habe nämlich einen sehr leichten Schlaf und fürchte, dass ich nicht zu Ruhe komme - auch, weil mein Mann viel länger als ich wach bleibt und dann immer im Wohnzimmer wäre.
Du hast ja gesagt, dass Euch einfach ein Rückzugsort fehlt.
Ich habe diese Gefühl öfter als mein Mann. Er kommt aus einer Kultur, in der man es nicht so kennt, seinen eigenen Raum zu brauchen. Er kann meine Gedanken also nicht so ganz nachvollziehen. Aber im Winter, wenn wir wenig draußen sein können, mache ich mich regelmäßig auf Wohnungssuche im Netz. Im Sommer komme ich besser damit zurecht.
Wenn Du etwas an Eurer Wohnsituation verändern könntest - was wäre das?
Ich wünschte mir einen zusätzlichen Raum, auch ein zweites Badezimmer wäre toll. Unser Bad gleicht doch eher einer Nasszelle und morgens staut es sich oft. Zudem merke ich, dass wir eher selten Freunde von den Kindern zu uns einladen, da es mir tatsächlich dann häufig zu viel wird – die Wohnung ist auch nicht clever geschnitten, daher konzentriert sich schnell alles in einem Raum und es wird laut und eng.
Eigentlich hiess es von der Hausverwaltung wir seien auf einer Warteliste (seit nun fünf Jahren) und sollte mal eine Vierzimmerwohnung in der Siedlung frei werden, würde man sich melden. Bereits zum xten Mal wurden nun freie Wohnungen an externe Personen vergeben oder an Familien ,die nur ein Kind hatten. Das heisst, wir und auch andere Familien aus unserer Siedlung wohnen wie die Öl-Sardinen und andere haben mehr Platz, als sie bräuchten.
Du schaust ja im Netz hin und wieder nach Wohnungen. Was sind da Deine Eindrücke vom Wohnungsmarkt?
Es gibt wenig bezahlbare Wohnungen und wenig größere Wohnungen. Und die, die es gibt sind entweder so teuer, dasa wir es nicht zahlen können/wollen und die, die bezahlbar sind, sind entweder am anderen Ende von Zürich oder es stehen hunderte Menschen Schlange. In Genossenschaften rein zu kommen ist das Beste, was einem in Zürich passieren kann - denn das sind die bezahlbaren Wohnungen und meist auf Familien ausgelegt. Was die Wohnungssuche auch erschwert: wir lieben die Gegend hier. Unsere Kinder haben hier ihre Freunde, Schule, Kita, Kindergarten und ums Eck sind tolle Plätze für uns als Erwachsene, um ein Feierabendgetränkt zu geniessen. Wir spekulieren darauf, dass hier in der Gegend bald weitere Wohnungen entstehen und wir zu den Glücklichen gehören die es dann in diese Genossenschaften schaffen.
Was würdest du Dir von Vermietern wünschen?
Weniger Highend- Ausführungen! Wer braucht Steamer und Luxus Amaturen? Lieber weniger Schickschnack, dafür bezahlbar. Investoren sollten mehr Vier- bis 5-Zimmerwohnungen in den Städten bauen, anstatt kleinere Wohnungen, die mehr Profit generieren. Wir hören immer wieder, dass in Zürich Wohnraum leer stehe, weil wenige Menschen bereit sind 4 000 Franken oder mehr zu zahlen. Da läuft doch wirklich etwas falsch – es gibt Wohnraum, aber man lässt ihn lieber leer stehen als die Preise runter zu setzen. Man setzt die Mieten so hoch, dass man vielen Menschen keine andere Chance lässt, als aus der Stadt zu ziehen und dafür längere Wege auf sich nehmen müssen.
Wäre es eine Option für Euch, raus zuziehen?
Wenn wir aus Zürich weg ziehen würden, hätten wir längere Arbeitswege - ergo weniger Zeit für die Kinder und wir müssten sie schon früh morgens in die Betreuung geben. Das ist keine Option für uns. Wir sind zwar beide keine Schweizer, fühlen uns aber mittlerweile hier sehr wohl. Manchmal denke ich mir auch, dass ich mich frei von den Gedanken machen muss, dass jedes Kind sein eigenes Zimmer braucht. Man denkt ja doch immer: Viel Platz bedeutet viel Wohlstand und Prestige – davon würde ich mich gerne gänzlich frei machen.
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Tags: Miete, Wohnung, Familie, Zimmer, Leben0Interviews