Liebe Lisa, wir hatten bisher keine besonders gute Woche. Alle verschnupft, mit dickem Kopp, genervt vom Wetter und irgendwie unzufrieden. Die Kinder waren unausgelastet und nölig – schon das letzte Wochenende zog sich wie Kaugummi. Gestern Abend, als beide Kids in der Badewanne saßen, hockte ich erschöpft auf einem Hockerchen davor und überlegt mir, ob ich die Streithähne einfach mit dem Badewasser den Abfluss runter spülen könnte. „Für dieses Dauer-Gezeter habe ich also mein schönes altes Leben aufgegeben“, maulte ich innerlich. „Ich will ins Bett, an meiner fiesen Erkältung rumleiden, Serien gucken und mir die Decke über den Kopf ziehen.“ Kurz: Ich fand alle und alles blöd.
Dann klingelte das Telefon. Eine Freundin von mir war dran. Sie ist in der 12. Schwangerschaftswoche und in den nächsten Tagend steht die Nackenfaltenmessung bevor. Und meine Freundin hat Angst. Erstens ist sie „schon“ 37 und zweitens trägt sie eine ordentliche Last auf ihren Schultern. Sie hat bereits einen 5-jährigen Sohn und wünschte sich immer ein zweites Kind. Doch sie wurde und wurde nicht schwanger. Mit hormoneller Unterstützung klappte es irgendwann doch, aber sie verlor das Baby in der 8.SSW. Und kurz darauf noch eins in der 10. SSW. Diese Schicksalsschläge hat sie bis heute nicht ganz überwunden- verständlicherweise. Wichtig sei es jetzt, positiv zu bleiben, machen wir uns nun Mut und wir sind sicher, dass diesmal alles gut gehen wird.
Und als sie mir dann erzählte, dass es ihr größter Wunsch sei, zu sehen, wie ihre zwei Kinder miteinander spielen, guckte ich in die Wanne, wo meine beiden saßen. Und fühlte mich schäbig. Was hatte ich für ein Glück, zweimal schnell schwanger geworden zu sein und niemals einen Abgang oder eine Fehlgeburt erleben zu müssen. Was habe ich für ein Glück, dass meine Kinder ein Geschwisterchen haben, das sie (wenn alles gut geht) ein Leben lang begleitet.
Als meine Freundin aufgelegt hatte, machte ich meine beiden Mäuse bettfertig, wir kuschelten noch eine Weile, dann brachte ich sie in die Koje. Ich empfand die letzten Tage immer noch als irre anstrengend und ich war froh über ein paar ruhige Minuten alleine auf dem Sofa.
Aber meine Sicht auf die Dinge war wieder gerade gerückt, die Verhältnissmäßigkeiten wieder geklärt.
Manchmal, da klingelt das Telefon wirklich zum richtigen Augenblick.