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Zu viel Besuch, zu viel Unruhe, zu viel Stress - Meine Fehler im Wochenbett

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Vor ein paar Tagen flatterte hier das neue Buch von Hebamme und Bloggerkollegin Anja Constance Gaca ins Haus. Der Titel: „Das Wochenbett – alles über diesen wunderbaren Ausnahmezustand“ (morgen gibt es bei uns ein Interview mit Anja zum Thema Wochenbett!!!!)

Nun bin ich in der 21. Schwangerschaftswoche, habe also noch ein paar Wochen bis das Baby kommt  - aber als ich das Buch in den Händen hielt, dachte ich an diese besondere Zeit nach meinen bisherigen Geburten – und muss eingestehen, dass ich es beide Male nicht besonders gut hinbekommen habe (das Foto zeigt meine Tochter schlafend in unserem Bett...hach, das ist lang her...)

Ein Rückblick: 

Wochenbett 1

Eigentlich müsste man meinen, beim ersten Kind könnten die meisten Mütter das Wochenbett voll genießen. Schließlich gibt es noch kein Geschwisterkind, das auch umsorgt werden will. Man könnte also einfach im Bett bleiben, schlafen, wenn das Baby schläft, sich umsorgen lassen, das Wunder bewusst genießen.

Nicht so ich. Ich hatte irgendwie ein komisches Bild im Kopf. Von Müttern, die kurz nach der Geburt wieder fit waren und so aussahen, als sei nichts gewesen. Und vor allem wollte ich kein Muttchen sein, über das meine kinderlosen Freundinnen sagen, sie käme nicht mehr aus dem Jogging-Anzug. Ich wollte allen beweisen, dass mein Leben genauso weiter geht, trotz Kind.

Also entschlossen wir uns, unser dreieinhalb Wochen altes Baby den Großeltern in Bayern vorzuführen. Fünf Stunden Autofahrt hin, drei Tage dort, fünf Stunden zurück. Anfang Januar, bei minus 20 Grad. Als ich meiner Hebamme davon erzählte, guckte sie mich an, als hätte ich meinem Kind ein Bein abgebissen und sagte: „Du wirst mit einem Milchstau zurück kommen. Das ist viel zu viel für Dich.“ Ich so: „Nö. Alles easy. Mir geht’s gut.“

Die Hinfahrt lief prima, ich war ja so stolz auf uns als coole Eltern. Doch dann ging der Besucherstress los. Jeden Tag zwei, drei Dates mit Omas, Opas, Tanten, Uroma, alten Schulfreunden. Mein Kind wurde herumgereicht, viele fragten noch nicht mal, es wurde mir praktisch aus den Armen gerissen. Ich sagte nichts, denn ich wollte ja auch keine sein, die das Baby nicht abgibt. Doch ich schrie innerlich: „Warum tascht Ihr alle meine Tochter an?“ Es war alles laut, es war trubelig, ich hatte keine Ruhe zum Stillen. Ich fühlte mich plötzlich nur noch überfordert und wollte nach Hause.

In der Nacht vor der Abfahrt wurde meine Brust ganz heiß, ich konnte das Baby nicht mehr anlegen, alles tat weh.Am nächsten Morgen fuhr ich mit Dolly-Buster-Busen zur Notapotheke und lieh mir eine Milchpumpe. Ich sahs weinend im Hinterzimmer der Apotheke, neben mir brüllte das hungrige Kind. Wir beschlossen, nach Hause zu fliehen und fuhren los. Meine Brust wurde wieder hart und heiss. Irgendwo, auf einer Autobahnraststätte in Thüringen, legte ich meine Tochter an. Die Standheizung lief, ich flehte sie an, mich leer zu trinken, wir würden auch nie wieder so einen Scheiss-Ausflug machen. Und dann trank sie. Beide Brüste leer. Ich heulte auf der Rückbank, mein Mann ging zu McDonalds und holte Pommes. Zurück in Berlin war ich zwei Wochen damit beschäftigt, mein Stillproblem wieder in den Griff zu bekommen...Meine Hebamme verkniff sich jede Bemerkung, nur einmal zog sie die Augenbrauen hoch. „Ich weeeeeeiß!“, rief ich. Und schwor, beim nächsten Kind alles anders zu machen.

Wochenbett 2

Von Sekunde eins hatte ich ein schlechtes Gewissen meiner Großen gegenüber. Sie sollte auf keinen Fall zu kurz kommen, sie sollte sich weiterhin mehr als geliebt fühlen. Das machte mir aber unheimlichen Stress. Ohne Großeltern in der Nähe und weil mein Mann wenige Wochen vorher einen neuen Job begonnen hatte und deshalb nicht lange frei nehmen konnte, war ich 8 Tage nach der Geburt auf mich allein gestellt. Und wollte – mal wieder – funktionieren.

Ich hatte eine Geburtsverletzung und starke Schmerzen mein Laufen. Dennoch war es mir unheimlich wichtig, dass ich meine Große zur Kita bringe. Ich wollte ihr damit zeigen, wie wichtig sie mir ist. Also ließ ich den Kleinen bei Nachbarn und stapfte im Januar mit der Großen zur Kita. Auf dem Rückweg machte ich noch schnell den Einkauf und ich dachte dabei jedes Mal, dass ich gleich zusammen klappe. Außerdem wollte ich, dass meine Große nicht auf ihre Nachmittagsgestaltung verzichten muss und saß mit dem Baby im kalten Flur der Musikschule oder brachte die Große zu Spielverabredungen bei Freunden. Obwohl mir Hilfe angeboten wurde, habe ich diese oft abgelehnt. Weil ich wieder andere Frauen im Kopf hatte, die doch scheinbar alles immer spielend schaffen. Und wieder war es meine Hebamme, die mich rettete. Sie redete mir ins Gewissen, sprach mit meiner Frauenärztin und setzte sich auch bei meiner Krankenkasse für mich ein, so dass ich für drei Wochen eine Haushalts-Hilfe gestellt bekam. Die kam jeden Tag drei Stunden, saugte, bügelte und ging für mich einkaufen. Ich konnte unterdessen einfach im Bett liegen und schwor mir, beim nächsten Kind alles anders zu machen.

Ausblick Wochenbett 3

Wenn alles gut geht, kommt das Baby Ende November/Anfang Dezember. Ich habe bereits einigen Freundinnen gesagt, dass ich mir von ihnen zur Geburt wünsche, dass sie für mich kochen. Dass sie mir mal die Wäsche machen. Oder mal mit den beiden Großen auf den Spielplatz gehen. Ich will es diesmal besser machen. Ich habe bereits alle Fehler gemacht, das war vielleicht nicht besonders klug, aber richtig dumm wäre es, sie ein zweites Mal zu machen. Mein Mann wird wahrscheinlich erst über Weihnachten frei bekommen, ich hoffe, meine Mutter kann ein paar Tage davor einspringen.  Das Wichtigste aber ist, dass ich begriffen habe, dass ich nicht funktionieren muss. Dass ich mir Zeit lassen kann, dass ich die Ruhe genießen darf. Dass meine anderen beiden Kinder keinen Schaden nehmen, wenn sie mal eine halbe Stunde vor dem Fernseher ruhig gestellt werden, weil ich das Baby in Ruhe stillen will. Ich hoffe, ich erinnere mich an meine guten Vorsätze, wenn es soweit ist. Und für alle Fälle werde ich werde Lisa bitten, mich daran zu erinnern...

 

 

Tags: Baby, Geburt, Wochenbett, Stillen, Milchstau, Hebamme, Bettruhe0Stadtleben

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