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Gastbeitrag von Katja: Seit ich Mutter bin, gibt es mein altes Leben nicht mehr...

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Als ich mich heute morgen in dem großen Spiegel im Flur sah, musste ich plötzlich laut los lachen. Die Schlafanzughose, die ich trug, war mehr als reif für die Waschmaschine. Meine Haare waren wild irgendwo am Hinterkopf zusammen geknotet und überdimensional große Augenringe schmückten mein Gesicht. Ich guckte mich ein zweites Mal wirklich erstaunt an. Und setze mich dann auf den kalten Flurboden und heulte. 

Aber von vorne. Ich heiße Katja, bin 33 Jahre alt und war bis vor Kurzem in einer großen Werbeagentur tätig. Ich hatte mein eigene Team, das ich führte und für das ich verantwortlich war. In Konferenzen stand ich selbstsicher vor 50-60 Leuten, erklärte meine Ideen, überzeugte, stritt, argumentierte. 

Ich war eine sportliche, schlanke Frau mit einem Hang zu coolen Klamotten. Alle sechs Wochen außerdem Friseur, alle zwei Monate Maniküre und Pediküre. 

Nun bin ich nicht mehr nur Katja, sondern auch die Mutter von Mats, 4 Monate alt. 

Ich bin auf einmal die moppelige, haarige und ungepflegte Version von der Katja, die ich mal war. Alles an mir ist weich und riesig. Mein Bauch, mein Po, mein Busen. Meine Haare sind strähnig, meine Beine unrasiert, meine Fingernägel nicht lackiert. 

Ich bin nicht mehr schlagfertig, nicht mehr witzig, nicht mehr kreativ. Mein einziges Argument meinem vier Monate alten Sohn gegenüber ist, meine Brust heraus zuholen - anders kriege ich ihn nicht ruhig. 

Ich, die immer dachte, mit Power und Fleiß, ist alles zu schaffen, verzweifel plötzlich an einem kleinen Jungen. 

Nie nie nie nie hätte ich gedacht, dass sich das Leben so verändert, wenn man Mutter ist. Wobei - eigentlich hat sich nur MEIN Leben verändert. Mein Mann sieht nach wie vor toll aus, wenn er ins Büro oder vom Büro kommt. Er hat nach wie vor spannende Meetings und tolle Kunden. 

Manchmal, wenn Mats richtig schlecht drauf ist, mache ich die Augen zu und träume mich weg. Irgendwohin, wo es richtig still ist. Wo kein Kind schreit, wo ich nicht stundenlang den Kinderwagen durch die Gegend schiebe, wo ich nicht panisch durch den Supermarkt hetze, weil ich Angst habe, das Baby könnte gleich aufwachen. 

Bevor jetzt hier der Shitstorm los geht: Natürlich liebe ich meinen Sohn. Ich würde, ohne zu zögern, mein Leben für ihn geben. Wenn man ehrlich ist - habe ich ihm bereits mein Leben gegeben. Von dem, wie es war, bevor er kam, ist nichts mehr übrig. 

Von all dem, was ich füher gerne gemacht habe, nehme ich gerade Abstand. Ich gehe abends nicht aus (wer passt auf Mats auf? Ich stille ja noch voll und er schläft absolut unberechenbar), ich mache mich nicht schick (mir passt ja auch nichts mehr), ich treffe kaum noch Freunde (weil ich Angst habe, die kippen um, wenn sie mich sehen). 

Vielleicht lache ich in einem halben Jahr über diesen Text. Vielleicht erlange ich meine Selbstsicherheit wieder, vielleicht auch meine alte Figur. 

Ich lerne extrem viel über mich selbst. Was bleibt von mir übrig, wenn man all das abzieht, was früher einmal wichtig war? Was ist wirklich die pure Katja? 

Diese Zeit - das ist sicher - ist die wichtigeste Lektion in meinem Leben!

 

Foto: Pixabay

Tags: Mutterschaft, Elternschaft, Liebe, Kinder, Kind, Familie, Veränderung0Gastbeiträge

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